Nachfolgeplanung und Existenzsicherung

18.04.2016
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Eine ganz besondere Herausforderung ist für Unternehmen die Sicherung des Fortbestands und die Suche nach einer geeigneten Nachfolge des Chefs. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten. In jedem Fall ist es aber sehr wichtig, das Thema Nachfolgeregelung frühzeitig und sorgfältig anzugehen.

Alle Unternehmerinnen und Unternehmer müssen irgendwann über die eigene Nachfolge nachdenken. Viele unterschätzen jedoch den Prozess und haben keine konkreten Vorstellungen, wie das vonstattengehen soll. Was fatal sein kann. Denn: Ist die Nachfolge nicht rechtzeitig geregelt oder findet eine Firma gar keinen Nachfolger, besteht die grosse Gefahr, dass selbst ein erfolgreiches Unternehmen untergeht.

Fast 70 000 KMU sind in den nächsten fünf Jahren betroffen

In Europa gibt es derzeit gemäss Definition1 der Europäischen Union 313 000 kleine und mittelgrosse Unternehmen (KMU). Empirische Erhebungen zeichnen das folgende Bild zur Anzahl der KMU, welche sich in den nächsten fünf Jahren mit der Nachfolgeregelung auseinandersetzen müssen:

Anzahl KMU (313 000)
Nachfolgequote in den nächsten 5 Jahren (22%)
Betroffene KMU in den nächsten 5 Jahren (68 000)
Nicht nachfolgefähige KMU (30%)
Vermittlungsfähige KMU in den nächsten 5 Jahren (47 600)

Nebst der stattlichen Anzahl von knapp 50 000 KMU, die sich heute um die Nachfolgeregelung kümmern müssten, ist auch die Tatsache alarmierend, dass erfahrungsgemäss knapp ein Drittel der KMU nicht übertragen werden und folglich verschwinden. Umso mehr gilt es, sich frühzeitig und professionell um die Regelung der Nachfolge zu kümmern.

Trend zu familienexterner Nachfolgeregelung
In der Schweiz sind 88 Prozent aller Unternehmen Familienunternehmen. Da liegt eigentlich die Vermutung nahe, dass die Mehrheit dieser KMU eine familieninterne Nachfolgeregelung anstrebt, dass also ein sogenanntes «Family-Buy-out» an Nachkommen, Partner oder Verwandte beabsichtigt ist. Voraussetzungen dafür sind intakte Beziehungen, eine gute Familien- und Konfliktkultur sowie klare Definitionen der Rollen, Rechte und Pflichten.

Erhebungen zeigen aber, dass der Trend zunehmend in Richtung familienexterne Nachfolgeregelung geht: In rund 60 Prozent aller Fälle wird nämlich diese Möglichkeit gewählt. Man spricht dann je nachdem von einem «Management-Buy-out» oder «Management-Buy-in». Im ersten Fall erfolgt der Verkauf an das Führungspersonal. Wichtige Voraussetzung fürs Gelingen sind hier in erster Linie Verbindlichkeit im Prozess und unternehmerisches Flair der gewählten Person. Bei der Variante «Management-Buy-in» wird hingegen an neues Führungspersonal, an Lieferanten, Kunden, Konkurrenten oder die familienexterne Geschäftsführung verkauft. Das setzt eine gute Vertrauensbasis zwischen Käufer und Verkäufer voraus und fordert zudem vom Unternehmer oder von der Unternehmerin die Bereitschaft, das Unternehmen rasch loszulassen.

Nur als letztmögliche Option wird die Liquidation des Unternehmens in Betracht gezogen. Neben dem geringen Liquidationspreis spielt dabei natürlich vor allem das Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Mitarbeitenden und den Kunden eine grosse Rolle.

Langfristige Planung in mehreren Phasen
Die Unternehmensnachfolge an sich ist ein umfassendes Projekt, bei dem verschiedene Schritte und Meilensteine über mehrere Jahre hinweg geplant werden müssen:

  1. Zuerst wird die Situationsanalyse durchgeführt. In dieser Phase wird die persönliche, betriebswirtschaftliche, gesellschaftliche, finanzielle und steuerliche Situation analysiert.
  2. Danach muss der Grundsatzentscheid gefällt werden, ob der Verkaufsprozess eingeleitet werden soll.
  3. Für die anschliessende Übergabedauer rechnet man beim «Family-Buy-out» mit rund sechs Jahren, beim «Management-Buy-out» mit dreieinhalb Jahren und beim «Management-Buy-in» mit eineinhalb Jahren. In dieser Zeit wird das Konzept erstellt, der oder die Nachfolger eingeführt und die Übergabe gemacht.

Fazit
Es lohnt sich, die Nachfolgeregelung rechtzeitig anzugehen, da die Anforderungen komplex sind. Eine geglückte Nachfolge beruht nicht auf einer Entscheidung, die über Nacht getroffen wurde, sondern ist das Ergebnis langer Überlegungen. Dadurch steigt aber die Wahrscheinlichkeit für das Weiterbestehen des Unternehmens und der Arbeitsplätze und damit dessen volkswirtschaftliche Bedeutung für die Region sowie die Sicherung des Familienvermögens.

1 Die Europäische Union definiert Unternehmensgrössen wie folgt:
Kleinstunternehmen              bis 9 Mitarbeitende
Kleinunternehmen                 10–49 Mitarbeitende
Mittelunternehmen                50–249 Mitarbeitende
Grossunternehmen                ab 250 Mitarbeitende

Hansueli von Gunten, lic. rer. pol., dipl. Handelslehrer, ist Geschäftsleiter der Controller Akademie in Zürich und Bern.